Forum svl II
oder:
wie frei kann Erziehungskunst sein?
Das 2. Forum Selbstverantwortliches Lernen (SvL) fand am Wochenende 14. und 15. November 2014 an der Freien Waldorfschule Hildesheim statt.
Mich hat es immer wieder verwundert, wie auffallend selbstverantwortlich Absolventen von Waldorfschulen oft durchs Leben gehen. Zugleich fand ich dies im Waldorfschulunterricht nicht vorgezeichnet, obwohl er eine Erziehung zur Freiheit ist. Autonomere Lernmethoden kannte ich seither fast nur von anderen reformpädagogischen Schulen. Vor allem meine eigene Schulzeit an der FWS Engelberg erinnere ich als besonders stark von Lehrern geführt. Deutlich stärker als am staatlichen Beruflichen Gymnasium, das ich anschließend besuchte. Ein guter Grund als angehender Waldorflehrer am diesjährigen Forum Selbstverantwortliches Lernen teilzunehmen, das meine Ausbildungsschule in Hildesheim zusammen mit der Akademie für Entwicklungsbegleitung ausrichtete.
26 Waldorflehrerinnen und -lehrer aus ganz Deutschland brachten ihre Projekte in einen großen Kreis der Möglichkeiten ein. Da kam eine große Vielfalt zusammen. Sie reichte von frei gestalteten Epochenheften und von durch Schüler selbst entworfenen und klassenübergreifend durchgeführten Experimenten in der Sinneslehre, über selbst gesteckte Lernziele, Gruppenarbeit in Klassenarbeiten, gegenseitige oder eigene Korrektur von Klausuren, Jahresarbeiten oder die detaillierte gegenseitige Beurteilung in mündlichen Probeprüfungen für das Abitur, bis hin zu Unterricht in dem Schüler ihre Aufgaben fächerübergreifendem selbst auswählen oder gar selbst formulieren.
Über die große Vielfalt hinaus wurde auch deutlich, dass wir sehr verschiedene Vorstellungen von selbstverantwortlichem Lernen haben. Sollen die Schüler z.B. nur den Lernprozess selbst verantworten, auch das Ziel, oder gar die Bewertung ihrer Ergebnisse? Durch die große Vielfalt der Ansätze hindurch scheint sich mir aber ein gemeinsamer Wunsch zu ziehen. Nämlich der Wunsch in der Erziehungskunst neben dem ästhetisch-schönen Aspekt dieser Kunst, der ja im klassischen Waldorfschulunterricht sehr deutlich zu Tage tritt, auch einen kreativen, freilassend-offenen Aspekt zu erkennen und zu leben. So kann Unterricht wirklich künstlerisch werden.
Zum Schluss bildeten sich fachspezifische Arbeitsgruppen und zwei regionale Foren, eines für den Norden in der Region Hildesheim und eines für den Süden in der Region München. Diese regionalen Foren sollen den Erfahrungsaustausch zwischen den jährlichen bundesweiten Foren ergänzen, die unter der Federführung von Herrn Hubert Staneker und Herrn Michael Harslem im Rahmen der Akademie für Entwicklungsbegleitung stattfinden. Zum nächsten bundesweiten Forum lädt 2015 die Waldorfschule in Coburg.
Nach dem Forum führte eine freiwillige Schülergruppe der FWS Hildesheim das Theaterstück 'Die Welle' auf. Eine beeindruckende selbstverantwortete Theateraufführung, die genau zum Thema passte.
Felix Berlin*
*Lehrer-Trainee in der Lehrerbildung in der Praxis (LiP) an der FWS Hildesheim
Veröffentlichungen zum Thema finden Sie unten und auf der Webseite von Michael Harslem https://harslem.de/projekte/selbstverantwortliches-lernen sowie auf der svl-Webseite https://selbstverantwortliches-lernen.de